Wettlauf zwischen Erbe und Begünstigtem

In unserem aktuellen Artikel „Wettlauf zwischen Erbe und Begünstigtem um die Leistung bei Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall“ beleuchten wir eine brisante Thematik, die viele Mandanten betrifft. Wir schildern einen konkreten Fall, in dem ein verstorbener Erblasser seine Geliebte als Begünstigte einer Lebensversicherung eingesetzt hat, ohne jedoch seine Erben darüber zu informieren. Dies führt zu einem Wettlauf um die Auszahlung der Versicherungssumme zwischen den Erben und der unbekannten Begünstigten.

Wussten Sie, dass der Erbe durch schnelles Handeln den Zugriff des Begünstigten auf die Versicherungssumme verhindern kann? Wir erläutern die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen sowohl die Erben als auch die Begünstigten ihre Ansprüche wahren oder verlieren können. Informieren Sie sich darüber, welche strategischen Überlegungen für beide Seiten wichtig sind und wie Sie Ihre Position in einem solchen Wettlauf optimal absichern können.

Lesen Sie den vollständigen Artikel und gewinnen Sie wertvolle Einblicke in die komplexen Verhältnisse von Erbrecht und Verträgen zugunsten Dritter.

Einleitung

Mit dem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall kann der Erblasser zu Lebzeiten Zuwendungen anordnen, die erst nach seinem Tod umgesetzt werden sollen. In der Praxis werden solche Verfügungen häufig im Zusammenhang mit Lebensversicherungen, Bausparverträgen und Leibrentenverträgen, aber auch mit Bankkonten und Wertpapierdepots vorgenommen. Da der Auszahlungsbetrag nicht in den Nachlass fällt und das Erbrecht nicht berührt wird, entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen dem Erben und dem Begünstigten, der noch keine gesicherte Rechtsposition erlangt hat. Ist der Erbfall eingetreten, kommt es auf schnelles Handeln an. Hiervon hängt ab, ob der Begünstigte oder der Erbe die Leistung aus dem Vertrag erhält.

Der Praxisfall

Der Erblasser M verstirbt am 15.12.2019. Er hinterlässt seine Ehefrau, eine Tochter und einen Sohn. Es gilt die gesetzliche Erbfolge, sodass die Ehefrau und die beiden Abkömmlinge erben. Bereits im Jahr 2015 hatte M bei dem Versicherer V eine Lebensversicherung über 500.000 € abgeschlossen und seine damalige Geliebte G für seinen Tod widerruflich als Begünstigte eingesetzt. G wusste von der Lebensversicherung nichts. M hatte ihr gegenüber nur stets beteuert, sie sei nach seinem Tod versorgt. Die Erben entdecken nach dem Tod bei der Durchsicht der Kontounterlagen des Erblassers, dass Beiträge für eine ihnen nicht bekannte Lebensversicherung abgebucht worden sind. Weitere Unterlagen hierzu finden sie nicht.

Die rechtliche Konstruktion

Im oben genannten Praxisfall hat der Erblasser im Jahr 2015 mit dem Lebensversicherer V einen echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 328, 331 BGB) geschlossen. Durch einen solchen Vertrag erwirbt der Begünstigte – hier G – grundsätzlich unmittelbar, das heißt ohne eigenes Zutun, das Recht, als Sonderrechtsnachfolger nach dem Tod des Erblassers die Auszahlung der Leistung zu verlangen. Ob der Begünstigte im Verhältnis zu den Gesamtrechtsnachfolgern des Erblassers – seinen Erben (§ 1922 BGB) – dieses Recht behalten darf, hängt davon ab, ob der Begünstigte seine Rechtsposition mit oder ohne Rechtsgrund erlangt hat.

Rechtlich entsteht durch Abschluss des Lebensversicherungsvertrages im Praxisfall zunächst ein Dreiecksverhältnis zwischen dem Zuwendenden M, dem Versicherer V und der Begünstigten G. Dadurch, dass M eine andere Person als seine Erben als Bezugsberechtigte eingesetzt hat, verbleibt es auch nach seinem Tod bei einem Dreiecksverhältnis, sodann zwischen seinen Erben, dem Versicherer und der Begünstigten. In diesem Verhältnis ist zu klären, wer die Versicherungssumme erhält.

Im Einzelnen:

  • Im sogenannten Valutaverhältnis zwischen dem Erblasser M und dem Zuwendungsempfänger G wird der Rechtsgrund für das Versprechen festgelegt. Rechtsgrund ist in der Regel – und im oben genannten Praxisfall – eine Schenkung. Bei dieser Schenkung handelt es sich nicht um eine Zuwendung auf den Todesfall im Sinne des § 2301 BGB, sondern um das noch unter Lebenden erteilte Versprechen einer Schenkung. Das Schenkungsversprechen bedarf zur Gültigkeit der Form der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB). Weil diese Form regelmäßig nicht gewahrt wird, kann der Mangel der Form nur noch durch die Bewirkung der versprochenen Leistung – im Praxisfall durch die Auszahlung der Versicherungssumme durch V an G – geheilt werden (§ 518 Abs. 2 BGB).

  • Zwischen dem Erblasser M und dem Vertragspartner V kommt ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall zustande, §§ 328, 331 BGB (sogenanntes Deckungsverhältnis). Die zwingenden Formvorschriften des Erbrechts finden keine Anwendung. Mit dem Abschluss des Vertrages erklärt der Erblasser zugleich ausdrücklich oder stillschweigend das Angebot zum Abschluss eines Schenkungsvertrages zwischen ihm und dem begünstigten Dritten. Zugleich erteilt der Erblasser dem Versicherer den Auftrag, das Schenkungsangebot nach seinem Tod an den Begünstigten zu übermitteln. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26.11.2003 – IV ZR 438/02; Urteil vom 21.05.2008 – IV ZR 238/06) beinhaltet etwa die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Lebensversicherer, ein Dritter sei für die Todesfallleistung bezugsberechtigt, regelmäßig den konkludenten Auftrag, dem Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalls das Zuwendungsangebot des Versicherungsnehmers zu übermitteln.

  • Ob, wann und in welchem Umfang die Bezugsberechtigte G den Anspruch gegen den Versicherer V erwirbt, beurteilt sich nach dem Deckungsverhältnis, während das Valutaverhältnis allein für die Frage entscheidend ist, ob der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer – und dessen Erben – letztlich behalten darf.

Hinweis 1

Das Valutaverhältnis und das Deckungsverhältnis sind streng voneinander zu trennen. Mängel im Valutaverhältnis sind für das Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer grundsätzlich ohne Bedeutung (BGH, Urteil vom 01.04.1987 – IVa ZR 26/86). Der Versicherer soll regelmäßig im Rechtsverhältnis zu dem Bezugsberechtigten verpflichtet bleiben, die Leistung auszuzahlen, und auch nicht berechtigt sein, die Versicherungssumme zu hinterlegen (OLG Nürnberg, VersR 2016, 383). Praktisch hätte dies bei einem rechtzeitigen Widerruf des Erben zur Folge, dass der Bezugsberechtigte von dem Versicherer Auszahlung verlangen kann, obwohl er gegenüber dem Erben verpflichtet wäre, die erlangte Versicherungssumme unmittelbar an diesen herauszugeben. Das Insolvenzrisiko des Bezugsberechtigten würde auf diese Weise unzulässigerweise sowohl auf den Erben als auch auf den Versicherer übergehen.

Auch die Rechtsprechung wandelt sich. Im Anschluss an das Urteil des OLG Saarbrücken – 5 U 35/16 – (ZEV 2017, 663 f.; juris) haben erstmals das LG Münster – 115 O 153/17 – und das OLG Hamm – I-20 U 135/18 – (bestätigt durch Beschluss des Bundesgerichtshofs – IV ZR 142/19 – vom 05.03.2020) in den Jahren 2018 und 2019 die Auffassung vertreten, dass der Grundsatz der strikten Trennung von Valutaverhältnis und Deckungsverhältnis ausnahmsweise durchbrochen werden kann. So soll der Versicherer dem Bezugsberechtigten ausnahmsweise die Auszahlung verweigern dürfen, wenn aufgrund eines rechtzeitigen Widerrufs des Schenkungsangebots ein offenkundiger Mangel im Valutaverhältnis vorliegt. Die Verfahren vor dem LG Münster und dem OLG Hamm wurden auf Seiten des Versicherers von einem der beiden Autoren geführt.

Strategischer Nachteil für den Begünstigten: Keine eigene Kenntnis von der Zuwendung

Häufig hat der Zuwendungsempfänger – wie im Praxisfall die Geliebte G – nach dem Tod des Erblassers noch keine Kenntnis von dem Schenkungsversprechen. Der Erblasser kann zu seinen Lebzeiten frei darüber entscheiden, wen er als Begünstigten einsetzt, und ohne Weiteres Änderungen vornehmen. Hierfür ist eine privatschriftliche Erklärung gegenüber dem Vertragspartner (Versicherer, Bank etc.) ausreichend, aber auch erforderlich (anderslautende Verfügungen des Erblassers erlangen grundsätzlich keine Wirksamkeit, wenn sie dem Vertragspartner nicht zugehen). Da allein das vertragliche Innenverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Vertragspartner betroffen ist, erhalten die Begünstigten – vorbehaltlich einer anderslautenden Weisung des Erblassers – zu dessen Lebzeiten keine Mitteilung über ihre beabsichtigte Begünstigung.

In diesem Zusammenhang kann aus Sicht des Begünstigten ein letztlich entscheidendes Informationsdefizit bestehen, wenn der Erblasser den Begünstigten zu Lebzeiten nicht unter Angabe der konkreten Daten über die Zuwendung in Kenntnis gesetzt hat. Die Erben treten als Gesamtrechtsnachfolger nach § 1922 BGB an die Stelle des Erblassers und haben tatsächlichen und auch rechtlichen Zugriff auf den gesamten Nachlass, mithin auf sämtliche Unterlagen des Erblassers. Häufig erlangen auch die Vertragspartner (Versicherer, Bank etc.) nicht von sich aus Kenntnis von dem Tod des Erblassers, was die Weitergabe der für das Zustandekommen des Schenkungsvertrages erforderlichen Schenkungsofferte verzögert. Zeigen hingegen erst die Erben dem Vertragspartner den Tod des Erblassers an, können sie dies – wenn sie ihre Rechte kennen – zugleich verbinden mit der Erklärung eines entsprechenden Widerrufs.

Hinweis 2

Solange der Zuwendungsempfänger nur widerruflich von dem Erblasser begünstigt worden ist, hat er – mangels Zustandekommens eines wirksamen Schenkungsvertrages – keine gesicherte Rechtsposition erlangt. Wird hingegen im klassischen Fall einer Lebensversicherung ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, wird der Mangel der Form i. S. d. § 518 Abs. 1 BGB schon zu Lebzeiten des Erblassers beseitigt, wenn der Versicherungsnehmer durch Übereinkunft mit dem Versicherer und dem Begünstigten die Unwiderruflichkeit mit dinglicher Wirkung herbeiführt (§ 331 Abs. 1 BGB, § 159 Abs. 3 VVG). Auch die Erben sind dann nicht in der Lage, diese Begünstigung aufzuheben (vgl. BGH, VersR 2013, 1021; LG Stuttgart, VersR 2020, 24).

Der Wettlauf zwischen Erbe und Begünstigtem

Der zeitliche Wettlauf zwischen den Erben und dem Begünstigten beginnt mit dem Tod des Erblassers. Grundsätzlich kann der Begünstigte das Angebot auf Abschluss des Schenkungsvertrages auch nach dem Tod des Zuwendenden noch annehmen, nachdem ihm das Angebot durch den Vertragspartner (Versicherer, Bank etc.) als Erklärungsbote des Erblassers übermittelt worden ist (§ 130 Abs. 2 BGB).

Da mit dem Erbfall das Widerrufsrecht des Erblassers jedoch auf die Erben übergegangen ist (§ 1922 BGB), können diese das Zustandekommen des Schenkungsvertrages verhindern,

  • indem die Erben vor Übermittlung der Schenkungsofferte durch den Vertragspartner (Versicherer, Bank etc.) diesem gegenüber erklären, den ihm von dem Erblasser erteilten Auftrag, das Schenkungsangebot an den Begünstigten zu übermitteln, zu widerrufen,

  • oder indem die Erben vor Zugang der Schenkungsofferte beim Begünstigten gegenüber diesem erklären, das begünstigende Schenkungsversprechen des Erblassers zu widerrufen (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Die einzelnen Perspektiven und Optionen während des Wettlaufs

1. Perspektive und Optionen des Erben

Für jeden Erben kann es sich auszahlen, die Unterlagen des Erblassers nach dessen Tod zu sichten. Erlangen die Erben durch Kontoabbuchungen oder in anderer Weise Kenntnis von dem Abschluss eines Vertrages zugunsten eines Dritten auf den Todesfall, sollten sie umgehend gegenüber dem Vertragspartner (Versicherer, Bank etc.) den Auftrag des Erblassers, der Begünstigten das Schenkungsangebot zu übermitteln, widerrufen. Um den Widerruf des Botenauftrags wirksam erklären zu können, muss sich der Erbe nicht als solcher legitimieren. Insbesondere ist nicht die Vorlage eines Erbscheins erforderlich. Nicht widerrufen werden kann das Bezugsrecht des Begünstigten. Es ist mit dem Erbfall unwiderruflich geworden.

2. Perspektive und Optionen des Begünstigten

Hat der Begünstigte – wie im Praxisfall die Geliebte G – anders als der Erbe überhaupt keine Kenntnis von dem Vertrag, hat er im Kampf um die Leistung eine deutlich schlechtere Ausgangslage als der Erbe. Sollte der Erblasser ihm gegenüber wenigstens angedeutet haben, etwa eine Lebensversicherung bei einem bestimmten Versicherer abgeschlossen zu haben, sollte der Begünstigte unverzüglich und für ein etwaiges späteres gerichtliches Verfahren nachweisbar Kontakt zu dem Versicherer aufnehmen, ihm den Tod des Erblassers anzeigen und ihn zu einer ebenfalls unverzüglichen Auszahlung der Versicherungssumme auffordern. Erforderlichenfalls sollte er einen Fachanwalt für Erbrecht damit beauftragen, den Versicherer zu einer umgehenden Auszahlung zu veranlassen.

Allein dass die Begünstigte nach dem Tod des Erblassers von dem Vertrag Kenntnis erlangt, macht eine ordnungsgemäße Übermittlung des Schenkungsangebots, das auch konkludent durch die Auszahlung der Versicherungssumme übermittelt werden kann, nicht entbehrlich. Bittet der Versicherer vor Auszahlung um die Übersendung von Unterlagen (Versicherungspolice, Sterbeurkunde), liegt darin noch keine Übermittlung des Schenkungsangebots. Erst wenn der Begünstigte das Schenkungsangebot annimmt und der Versicherer daraufhin die Versicherungssumme ausgezahlt hat, ohne dass zuvor ein Widerruf durch die Erben erfolgt ist, ist der Wettlauf zu seinen Gunsten entschieden.

3. Ziel des Vertragspartners (Versicherer, Bank etc.): Vermeidung einer eigenen Haftung

Um eine eigene Haftung zu verhindern, sollte der Vertragspartner – hier der Versicherer V – den Vorgang umfassend prüfen, sobald er Kenntnis von dem Tod der versicherten Person erlangt. Zahlt er an einen Nichtberechtigten aus, wird der Versicherer grundsätzlich nicht von seiner Leistungspflicht im Sinne des § 362 BGB frei. Der Versicherer bleibt gegenüber dem wahren Berechtigten verpflichtet, den ungekürzten Betrag auszuzahlen (zum wichtigsten Ausnahmefall siehe Hinweis 1). Gleichzeitig geht faktisch nicht nur das Insolvenzrisiko des Bereicherten auf ihn über, der Bereicherte wird möglicherweise in einem auf Rückzahlung gerichteten Verfahren auch den Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) erheben, der in der Praxis von den Gerichten allerdings kritisch geprüft wird.

Im Regelfall wird die Anspruchsberechtigung anhand der Vertragsunterlagen leicht feststellbar sein, da in den Unterlagen der Begünstigte namentlich bezeichnet worden ist. Ergeben sich etwa für einen Versicherer bei der Übermittlung des Schenkungsangebots Schwierigkeiten und erklären die Erben daraufhin rechtzeitig den Widerruf, kann dennoch eine Einstandspflicht des Versicherers in Betracht kommen. Zugunsten des Versicherers ist allerdings zu berücksichtigen, dass ihn in beiden Schuldverhältnissen, gegenüber den Erben und gegenüber der Begünstigten, Treuepflichten treffen (OLG Saarbrücken, ZEV 2017, 663 f.; OLG Köln, Urteil vom 10.01.2012 – 20 U 130/11). Für den Versicherer besteht die Gefahr, bei der Wahrnehmung seiner Übermittlungspflicht einer Interessenkollision ausgesetzt zu sein und entweder von dem Begünstigten oder von dem Erben auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Demgemäß werden von der Rechtsprechung an eine Eintrittspflicht des Versicherers hohe Anforderungen gestellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.01.2012 – 20 U 130/11; OLG München, Urteil vom 08.05.2009 – 25 U 4318/08).

Vorsorglich sollte der Versicherer, dem die Übermittlung des Schenkungsangebots misslingt, sich zumindest um die baldmögliche Ermittlung der aktuellen Anschrift des Begünstigten bemühen und hierzu erforderlichenfalls Anfragen bei dem Einwohnermeldeamt oder dem Nachlassgericht stellen.

Kritik am Wettlauf: Zufallsergebnisse möglich

Weil der Ausgang des Wettlaufs von Zufällen – wie z. B. einer dem Versicherer nicht mitgeteilten Adressänderung des Bezugsberechtigten und einer deshalb gescheiterten Übermittlung des Schenkungsangebots – abhängen kann, ist oft Kritik geäußert worden. Gewinnt der Erbe den Wettlauf, wird zudem der Wille des Erblassers, einen Dritten zu begünstigen, unterlaufen. Dass überhaupt für die Erben die Möglichkeit besteht, die Begünstigung aus speziellen erbrechtlichen, vertragsrechtlichen und versicherungsrechtlichen Gründen zu widerrufen, wird einem Erblasser in aller Regel nicht bekannt sein. Gleichwohl sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung keine Korrektur vor, sondern vertritt zu Recht die Auffassung, auch zufällige Ergebnisse, die durch eine anderslautende Verfügung des Erblassers ohnehin vermeidbar gewesen wären, seien aus Gründen der Rechtssicherheit hinzunehmen.

Vorausschauendes Verhalten des Erblassers zur Wahrung seines letzten Willens erforderlich

Erben sind in der Lage, den letzten Willen des Erblassers, zu dem neben den Regelungen in seinem Testament auch Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall zählen können, in erheblichem Umfang zu beeinträchtigen, indem sie die Verträge rechtzeitig widerrufen. Der Erblasser kann zu seinen Lebzeiten dafür sorgen, dass die Erben seinen letzten Willen auch hinsichtlich dieser Verträge zu beachten haben, und zugleich verhindern, dass ein Wettstreit zwischen dem Erben und dem Begünstigten entbrennt. Der Erblasser sollte den Dritten nicht im Ungewissen lassen, sondern ihn in Kenntnis setzen – oder ihn etwa bei einer Lebensversicherung sogleich als unwiderruflich Begünstigten einsetzen (siehe Hinweis 2). Die Kenntnis muss der Begünstigte beweisen. Der Beweis ist in jedem Fall geführt, wenn der Begünstigte den zu seinen Gunsten geschlossenen Vertrag bereits zu Lebzeiten des Erblassers gegengezeichnet hat.

Fazit

Bei Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall hat der Vertragspartner des Erblassers – in der Regel ein Versicherer oder eine Bank – seine Leistung an den begünstigten Dritten erst mit dem Tod des Erblassers und zwar „an dem Nachlass vorbei“ zu erbringen. Im Valutaverhältnis, dem regelmäßig eine Schenkung zugrunde liegt, hat der Vertragspartner dem Dritten nach Eintritt des Leistungsfalls das Angebot des Erblassers auf Abschluss eines Schenkungsvertrages zu übermitteln. Die Erben müssen unverzüglich das Angebot auf Abschluss eines Schenkungsvertrages oder den Botenauftrag widerrufen, bevor das Angebot dem Begünstigten zugeht. Auf der anderen Seite sollte die Begünstigte sich möglichst schnell mit dem Vertragspartner in Verbindung setzen und auf Übermittlung des Angebots auf Auszahlung – und damit auf Abschluss des Schenkungsvertrages – drängen. Widerruft der Erbe das Schenkungsangebot oder den Auftrag, das Schenkungsangebot zu überbringen, bevor die Annahme durch den Begünstigten erfolgt ist, hat der Erbe den Wettlauf gewonnen. Zahlt der Vertragspartner an den Begünstigten aus, bevor ein Widerruf erklärt worden ist, ist der Wettlauf zugunsten des Begünstigten entschieden.

Autoren

Dr. Thomas Leuer und Dr. W.-P. Haarmann sind Fachanwälte für Erbrecht. Sie sind auf das streitige Erbrecht spezialisiert.

Dr. Peus · Dr. Leuer · Dr. Haarmann
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB · Notar