Der ewige Streit um den Hof

In unserem aktuellen Artikel widmen wir uns dem spannenden und häufig umstrittenen Thema der Hoferbfolge. Im Mittelpunkt steht der Fall eines landwirtschaftlichen Betriebs, der nach dem Tod des Erblassers V rechtliche Fragen aufwirft. Verfügen Sie über landwirtschaftlichen Besitz oder stehen Sie vor Herausforderungen in der Nachfolgeplanung? Wir zeigen auf, wie das Höferecht im Erbfall wirkt und welche Besonderheiten dabei zu beachten sind.

Erfahren Sie, wer als Hoferbe gilt, welche Abfindungsansprüche möglicherweise bestehen und wie sich die Erbfolge zwischen hoffreiem Vermögen und Hofvermögen gestaltet. Unser Artikel gibt Ihnen wertvolle Einblicke in die komplexe Materie und beleuchtet die entscheidenden Aspekte, um Ihre Position als Erbe oder Erbin zu stärken.

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Einleitung

Bei einem Hof im rechtlichen Sinne handelt es sich um einen Vermögensgegenstand, der mit steuerrechtlichen und erbrechtlichen Besonderheiten untrennbar verknüpft ist. Der Artikel stellt die erbrechtlichen Grundlagen der Hoferbfolge dar und befasst sich mit regelmäßig in der Praxis auftretenden Streitpunkten. Es geht darum, einen ersten Überblick zu verschaffen.

Praxisfall

Der Landwirt V stirbt im Jahr 2022. Bis zu seinem Tod war V Eigentümer einer landwirtschaftlichen Besitzung im Münsterland mit einer Hofstelle, von der die Ackerflächen bewirtschaftet wurden, einschließlich landwirtschaftlicher Maschinen. Der Wirtschaftswert belief sich auf mehr als 10.000,- EUR. Zum Zeitpunkt des Todes war auch noch ein privates Kontoguthaben des V von ca. 100.000,- EUR vorhanden, das in keinerlei Zusammenhang zu der landwirtschaftlichen Tätigkeit stand. In den Unterlagen von V findet dessen Ehefrau M nach dem Tod ein privatschriftliches Testament, in dem V seine Frau M als Alleinerbin des „hoffreien Vermögens“ eingesetzt hat. Weitere Verfügungen enthält das Testament nicht. Neben M hinterlässt V zwei Söhne, von denen der jüngere Sohn S 2 selbst bereits Eigentümer eines anderen Hofs ist und der ältere Sohn S 1 ebenfalls eine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen hat und als Pächter Flächen eines Dritten bewirtschaftet.

Wie ist die Erbfolge?

Gesamtrechtsnachfolge nach BGB und Sondererbfolge nach Höferecht

§ 1922 Abs. 1 BGB sieht eine Gesamtrechtsnachfolge vor. Danach geht die Erbschaft – das Vermögen des Erblassers einschließlich aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten (§ 1967 Abs. 1 BGB) – grundsätzlich auf den oder die Erben über. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§ 2032 BGB), wobei jedem Miterben grundsätzlich nach § 2042 BGB ein Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zusteht.

Von diesem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge – sog. Universalsukzession – gibt es Ausnahmen, in denen einzelne Rechte des Erblassers unmittelbar mit seinem Tod abgesondert werden und einen von dem Erwerb des sonstigen Nachlasses abweichenden Weg gehen. Eine solche Ausnahme von dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge stellt die Sondererbfolge nach dem Höferecht dar. Danach bleibt die wirtschaftliche Einheit – der Hof – im Interesse der Allgemeinheit als Ganzes erhalten und wird allein nach den Regelungen der Höfeordnung vererbt. Sowohl für die testamentarisch angeordnete Hoferbfolge als auch für die gesetzliche Hoferbfolge gelten Besonderheiten, die sich erheblich von den erbrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterscheiden. Insbesondere stellt das Landwirtschaftserbrecht sicher, dass nur ein Erbe – der sog. Hoferbe – den Hof erhält (vgl. § 4 HöfeO) und ist insoweit maßgeblich durch das Erbprivileg des Hoferben gegenüber den weichenden Erben gekennzeichnet.

Fällt also ein Hof im Sinne der Höfeordnung in den Nachlass, tritt mit dem Erbfall – vereinfacht gesagt – eine Nachlassspaltung ein. Das hoffreie Vermögen, der sog. BGB-Nachlass, und das Hofesvermögen stellen unterschiedliche Vermögensmassen dar, deren jeweiliges erbrechtliches Schicksal anhand der Umstände eines jeden Einzelfalls gesondert zu ermitteln ist. In rechtlicher Hinsicht verhält es sich so, dass der Hof als Teil der Erbschaft kraft Gesetzes mit dem Erbfall vorab in das Eigentum des Hoferben übergeht, ohne dass hierfür eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erforderlich wäre, und das hoffreie Vermögen auf die Erbengemeinschaft übergeht, zu der auch der Hoferbe zählen kann (BGHZ 4, 341 f.).

Historie und Zweck der Sondererbfolge nach der Höfeordnung

Die HöfeO trat am 24.04.1947 in Kraft und gilt seitdem für die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Mit Ausnahme der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Brandenburg, auf die eine jeweilige landesrechtliche Höfeordnung Anwendung findet, gelten für die übrigen Bundesländer für die Vererbung von landwirtschaftlichem Besitz die allgemeinen Regelungen in den §§ 2049, 2312 BGB und §§ 13 f. GrdstVG.

Historisch bedingt war und ist es deshalb Zweck der Höfeordnung, Höfe als leistungsfähige wirtschaftliche Einheit zu erhalten, um die Lebensfähigkeit der Landwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln im Interesse der Allgemeinheit zu sichern (BGH, NJW 1952, 379). Das landwirtschaftliche Sondererbrecht soll gewährleisten, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb beim Übergang in die nächste Generation vor einer Aufspaltung und Überschuldung bewahrt wird. Es soll verhindert werden, dass ein solcher Betrieb in eine Erbengemeinschaft fällt und sodann zum Zwecke der Auseinandersetzung zerschlagen wird.

Dadurch, dass der Hoferbe erbrechtlich und steuerrechtlich privilegiert wird, soll die Höfeordnung keine privatwirtschaftlichen Interessen schützen, sondern dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung leistungsfähiger Höfe in bäuerlichen Familien dienen (BVerfG, NJW 1963, 947, NJW 1985, 1329). Aus diesem Grund fällt der Betrieb von Gesetzes wegen auch als Einheit an eine Einzelperson, die zwingend die Befähigung haben muss, den Hof zu bewirtschaften (sog. Wirtschaftsfähigkeit).

Die wichtigsten Rechtsbegriffe der Höfeordnung

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO liegt ein Hof vor bei einer land- und forstwirtschaftlichen Besitzung im Gebiet der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, die über eine zur Bewirtschaftung geeignete Hofstelle verfügt und die einen Wirtschaftswert von mindestens 10.000,- EUR hat. Eine Besitzung, die einen Wirtschaftswert von weniger als 10.000,- EUR hat, mindestens jedoch einen Wirtschaftswert von 5.000,- EUR hat, wird Hof, wenn der Eigentümer erklärt, dass sie Hof sein soll und wenn der Hofvermerk im Grundbuch eingetragen wird. Die Hofeigenschaft setzt weiter voraus, dass die Besitzung im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört. Gemäß § 5 HöfeVfO wird gesetzlich vermutet, dass es sich bei einer im Grundbuch als Hof eingetragenen Besitzung materiellrechtlich um einen Hof handelt. Die Hofeigenschaft entfällt durch eine Erklärung des Hofeigentümers gegenüber dem Grundbuchamt (§ 4 HöfeVfO) oder dadurch, dass das Landwirtschaftsgericht den Hofvermerk von Amts wegen löschen lässt, z. B. wenn der Wirtschaftswert unter 5.000,- EUR gesunken ist oder keine Hofstelle mehr vorhanden ist.

Als Bestandteile gehören insbesondere sämtliche Grundstücke des Hofeigentümers zum Hof, die regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werden, § 2 HöfeO.

Zu dem Hofeszubehör im Sinne des § 3 HöfeO gehört das auf dem Hof für die Bewirtschaftung vorhandene Vieh, Wirtschafts- und Hausgeräte, der vorhandene Dünger sowie die für die Bewirtschaftung bis zur nächsten Ernte dienenden Vorräte an landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Betriebsmitteln.

Voraussetzung dafür, Hoferbe zu werden, ist in jedem Fall, dass der Betroffene zum Zeitpunkt des Erbfalls wirtschaftsfähig ist. Nur auf diese Weise wird der wesentliche Schutzzweck der HöfeO – die Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe – gewährleistet. Wirtschaftsfähigkeit nach § 6 Abs. 7 HöfeO liegt vor, wenn der Betroffene nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten, nach seinen Kenntnissen und nach seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbständig und ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Das Erfordernis der Wirtschaftsfähigkeit gilt nicht nur für den gesetzlichen Hoferben und den durch Verfügung von Todes wegen berufenen Hoferben, sondern gleichermaßen auch für den Übernehmer, der den Hof zu Lebzeiten des Hofeigentümers durch Hofübergabevertrag erwirbt.

Das Vorliegen der Wirtschaftsfähigkeit ist stets bezogen auf die Anforderungen des zu übernehmenden Hofes zu prüfen. Wirtschaftsfähig kann z. B. auch ein Nebenerwerbslandwirt sein, wobei das Durchlaufen einer landwirtschaftlichen Ausbildung nicht zwingende Voraussetzung sein soll. Durchschnittliche Kenntnisse, die für eine Betriebsführung erforderlich sind, sollen genügen. Die diesbezüglichen Anforderungen und Einzelheiten sind jedoch in Literatur und Rechtsprechung jedoch umstritten. Nach der Rechtsprechung des Landwirtschaftssenats des OLG Hamm (ErbR 2022, 61 f.) setzt die Wirtschaftsfähigkeit voraus, dass der Hoferbe Fähigkeiten in zwei Bereichen hat. Zunächst muss der Hoferbe landwirtschaftlich-technische Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Dazu gehört je nach Art des zu übernehmenden Hofes etwa die Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Feldbestellung, zur artgerechten Haltung eines entsprechenden Viehbestandes sowie zur ordnungsgemäßen Unterhaltung und Wartung der Gebäude und Gerätschaften. Darüber hinaus muss der Hoferbe mit Blick auf die vom Gesetz geforderte selbständige Bewirtschaftung auch organisatorisch-kalkulatorische Kenntnisse und Fähigkeiten vorweisen können. Er muss die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge erfassen, einen Wirtschaftsplan aufstellen und durchführen, laufende Verbindlichkeiten erfüllen und alte Schuldenlasten angemessen abtragen können (OLG Hamm, Beschl. v. 24.08.2015 – 10 W 5/15).

Die Übertragung des Hofes zu Lebzeiten und von Todes wegen

Der Hof kann auf verschiedene Weise von dem Eigentümer auf den Übernehmer übertragen werden und zwar sowohl zu Lebzeiten als auch von Todes wegen. Folgende Möglichkeiten der Übertragung eines Hofes kommen in Betracht:

  • Übertragung des Hofes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge durch einen zu Lebzeiten geschlossenen Hofübergabevertrag (§ 7 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. HöfeO),
  • formlose, lebzeitige Hoferbenbestimmung durch Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes gemäß den §§ 6, 7 HöfeO,
  • Hoferbfolge durch letztwillige Verfügung, falls der Hofeigentümer nicht durch eine lebzeitige Hoferbenbestimmung bereits anderweitig gebunden ist (§ 7 Abs. 1 HöfeO),
  • gesetzliche Hoferbfolge gemäß den §§ 5, 6 HöfeO (Hoferben der ersten Ordnung sind danach die Kinder des Erblassers und deren Abkömmlinge, wobei sich bei mehreren möglichen Hoferben die Rangfolge nach den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 HöfeO richtet. Erben der zweiten Ordnung sind die Ehegatten des Erblassers, Erben der dritten Ordnung die Eltern des Erblassers und Erben der vierten Ordnung die Geschwister des Erblassers bzw. deren Abkömmlinge),
  • Erbfolge ausnahmsweise nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts, wenn kein Hoferbe vorhanden ist oder wirksam bestimmt ist (sog. verwaister Hof, § 10 HöfeO).

Praxistipp

Will der Eigentümer zu Lebzeiten die Bewirtschaftung eines Hofes z. B. auf einen Angehörigen übertragen, dadurch aber noch keine bindende Entscheidung über eine Hofübertragung treffen, ist besondere Vorsicht geboten. Der Eigentümer muss sich in diesen Fällen zwingend die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 HöfeO) und sollte dies auch nachweisen können. Es bietet sich insoweit an, eine hinreichend konkrete Klausel in den Pachtvertrag aufzunehmen.

Abfindungsansprüche nach § 12 HöfeO und § 13 HöfeO

Den weichenden Erben, die den Hof nicht erhalten, steht grundsätzlich eine Abfindung nach § 12 HöfeO zu, weil sie als Angehörige bzw. Ehegatten bezüglich des Hofes enterbt sind. Der Abfindungsanspruch nach § 12 HöfeO beruht damit auf denselben Schutzerwägungen, aufgrund derer im Bürgerlichen Gesetzbuch zugunsten enterbter Eltern, Abkömmlinge und Ehegatten ein Pflichtteilsanspruch in § 2303 BGB normiert wird. Wirtschaftlich ist die Höhe der Abfindung nach § 12 HöfeO jedoch häufig nicht mit dem Pflichtteil nach § 2303 BGB vergleichbar. Für die Höhe der Abfindung nach § 12 HöfeO wird lediglich der Einheitswert des Hofes im Ausgangspunkt zugrunde gelegt, nicht wie beim Pflichtteil nach § 2303 BGB der Verkehrswert eines in den Nachlass gefallenen Objekts. Auch dies soll den Hoferben davor schützen, mit Abfindungsansprüchen überzogen zu werden, die es ihm unmöglich machen, den Hof künftig weiterzubetreiben und in seinem Bestand zu erhalten.

Für den Fall, dass der Hoferbe die Hofflächen zu einem späteren Zeitpunkt, jedenfalls innerhalb von 20 Jahren, veräußert, kommen darüber hinaus Nachabfindungsansprüche für die weichenden Erben in Betracht nach § 13 HöfeO.

Nachweis der Hoferbfolge und Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts

Während zugunsten des Erben des hoffreien Nachlasses die Erteilung eines Erbscheins beantragt werden kann, damit dieser sich als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers nach § 1922 BGB legitimieren kann, wird dem Hoferben ein Hoffolgezeugnis erteilt, das die Sondererbfolge nach der HöfeO nachweist. Für die Erteilung des Hoffolgezeugnisses sowie des Erbscheins über das hoffreie Vermögen ist ausschließlich das Landwirtschaftsgericht zuständig, § 18 Abs. 2 HöfeO. Das Hoffolgezeugnis erwächst – ebenso wie der Erbschein – nicht in Rechtskraft. Um die Hoferbfolge verbindlich feststellen zu lassen, ist in Streitfällen die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach den §§ 11 Abs. 1 g), 12 HöfeVfO erforderlich.

Lösung Praxisfall

Der Erblasser V hat sowohl Hofesvermögen als auch hoffreies Vermögen hinterlassen. Die Erbfolge ist jeweils getrennt voneinander zu ermitteln:

Bezogen auf die Erbfolge hinsichtlich des hoffreien Vermögens (100.000,- EUR) hat der Erblasser V seine Ehefrau M als testamentarische Alleinerbin eingesetzt. Durch die Einsetzung von M wurden gleichzeitig die beiden Abkömmlinge S 1 und S 2 enterbt, so dass S 1 und S 2 jeweils ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils zusteht (§ 2303 Abs. 1 BGB).

Im Hinblick auf die Sondererbfolge hinsichtlich des Hofesvermögens ist zu beachten, dass sich das Testament des V ausdrücklich auf das hoffreie Vermögen bezieht. V hat auch keine anderweitige letztwillige Verfügung errichtet, in der er eine Hoferbfolge angeordnet hätte. Zudem hat keine lebzeitige Hofübertragung auf S 1 oder S 2 oder einen Dritten stattgefunden, S 1 und S 2 waren in anderen landwirtschaftlichen Betrieben tätig. Deshalb gilt die gesetzliche Hoferbfolge. Danach sind S 1 und S 2 Hoferben der ersten Ordnung (§ 5 Ziff. 1 HöfeO), die Ehegattin M Hoferbin der zweiten Ordnung (§ 5 Ziff. 2 HöfeO).

Wirtschaftsfähigkeit liegt sowohl bei S 1 als auch bei S 2 vor. Dass der jüngere S 2 bereits selbst als Eigentümer einen Hof betreibt, führt nicht dazu, dass dieser Hoferbe wird. Bei mehreren Anwärtern in derselben Hoferbenordnung, die alle über Wirtschaftsfähigkeit verfügen, wird der gesetzlich berufene Hofanwärter auch dann Hoferbe, wenn ein anderer Anwärter die vermeintlich „bessere Eignung“ für die Bewirtschaftung des Hofes hat. Daraus folgt, dass der älteste der Miterben – hier S 1 – Hoferbe wird, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HöfeO. Zu dem Hof zählen die land- und forstwirtschaftlichen Besitzung samt Hofstelle sowie die landwirtschaftlichen Maschinen sowie das sonstige Zubehör i. S. d. § 3 HöfeO.

M und S 2 steht ein Anspruch auf eine Abfindung nach § 12 HöfeO zu, die anhand des Hofeswerts (= 1,5-facher Einheitswert abzüglich eines Teils der Nachlassverbindlichkeiten) zu ermitteln ist, jedoch mindestens 1/3 des Hofeswerts beträgt. Der Anteil ist dabei anhand der jeweiligen Erbquote von M und S 2 zu ermitteln, wobei der Hoferbe selbst bei dieser Berechnung ebenfalls mit seiner Person berücksichtigt wird.

Fazit

Die Höfeordnung enthält eine landwirtschaftliche Sondererbfolge. Ihr Ziel ist die Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe in der Hand eines Betriebsinhabers. Im Erbfall soll eine Zersplitterung und Zerschlagung verhindert werden. Der Betrieb fällt deshalb an eine Einzelperson, die zwingend die Befähigung haben muss, den Hof zu bewirtschaften (Wirtschaftsfähigkeit), und nicht an eine Erbengemeinschaft. Eine Aushöhlung des Hofesvermögens durch hohe Abfindungsleistungen wird vermieden, da die Ansprüche lediglich anhand des von dem Einheitswert abgeleiteten Hofeswerts ermittelt werden und Verbindlichkeiten in Abzug gebracht werden. In jedem Fall besteht aufgrund des komplexen Systems ein erheblicher Beratungsbedarf für die Nachfolgeregelung unter Lebenden oder von Todes wegen sowie für die Prüfung und Geltendmachung höferechtlicher Ansprüche.

Autoren

Dr. Thomas Leuer und Dr. W.-P. Haarmann sind Fachanwälte für Erbrecht. Sie sind auf das streitige Erbrecht spezialisiert.

Dr. Peus · Dr. Leuer · Dr. Haarmann
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB · Notar