Die Entziehung des Pflichtteils

In unserem neuesten Artikel zu den Themen rund um das Erbrecht beleuchten wir die komplexe Thematik der Pflichtteilsentziehung und deren rechtliche Rahmenbedingungen. Im Fokus steht der Fall der Lehrerin E, die in ihrem Testament ihren Sohn S aufgrund schwerwiegender Vorfälle von der Erbfolge ausschließt. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen ein Pflichtteil entzogen werden kann, welche aktuellen gesetzlichen Regelungen zu beachten sind und welche Anforderungen an die Formulierung einer Pflichtteilsentziehung zu stellen sind. Darüber hinaus diskutieren wir die möglicherweise einschneidenden Folgen für Pflichtteilsberechtigte und die Bedeutung der Verzeihung in diesem Kontext.

Falls Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden oder Fragen zu Ihrem eigenen Nachlass haben, laden wir Sie ein, den vollständigen Artikel zu lesen.

Einleitung

Pflichtteilsberechtigte genießen in der deutschen Verfassung und Rechtsprechung einen besonderen Schutz. Das Instrument der Pflichtteilsentziehung ermöglicht es einem Erblasser, ausnahmsweise in genau und abschließend festgelegten Sachverhalten einem Pflichtteilsberechtigten dessen verfassungsmäßig garantierte Mindestteilhabe am Nachlass zu entziehen. Die Pflichtteilsentziehung stellt in der Praxis die wichtigste Form des Verlustes des Pflichtteils dar. Der gemeinsame Grundgedanke der Entziehungsgründe liegt darin, dem Erblasser zu ermöglichen, nicht die Teilhabe eines Pflichtteilsberechtigten am Nachlass hinnehmen zu müssen, wenn sich dieser ihm gegenüber grob illoyal oder undankbar verhält und damit gegen die Verpflichtung verstößt, die sich aus der familiären Verbundenheit ergibt. Die Anforderungen an eine wirksame Pflichtteilsentziehung sind in materieller und formeller Hinsicht – worin sich der besondere Schutz von Pflichtteilsberechtigten widerspiegelt – sehr hoch, weshalb es nur selten zu einer erfolgreichen Entziehung kommt.

Praxisfall

Die verwitwete Erblasserin E verstirbt im August 2020. Der Nachlass beläuft sich auf 1.000.000 €. E hinterlässt ein im Jahr 2017 errichtetes privatschriftliches Testament, in dem sie ihre Tochter T zu ihrer alleinigen Erbin eingesetzt hat. Der Sohn S soll nichts bekommen, nicht einmal den Pflichtteil. Er habe sich – so heißt es im Testament – an Kindern vergangen und sei deshalb im Jahr 2013 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

S macht gegen T einen Pflichtteilsanspruch auf Zahlung von 250.000 € geltend. T wendet ein, die Erblasserin E habe S zu Recht den Pflichtteil entzogen. Der Rechtsanwalt von S vertritt die Auffassung, E habe S verziehen. Die Straftat liege lange zurück und S habe seine Mutter noch in den letzten Jahren vor dem Tod zu Geburtstagen besucht. T entgegnet, die Erblasserin habe bis zu ihrem Tod stets beteuert, dass S nach ihrem Tod „keinen Cent“ erhalten werde.

Historische Einordnung

Das Pflichtteilsrecht wurde schon im römischen Recht als Ausgleichsmechanismus für die Testierfreiheit des Erblassers entwickelt. Der Pflichtteil sollte die Versorgung und den Unterhalt der Familie, die durch ihre Mitarbeit zur Mehrung des Vermögens des Erblassers beigetragen hatte, sicherstellen. Ob dieses Leitmotiv noch heute zeitgemäß sei, wurde mit Blick auf die geänderte Rollenverteilung innerhalb der Familie, die zunehmende Selbstverantwortlichkeit naher Familienangehöriger für deren Unterhalt und die zunehmende Absicherung über das soziale Netz bis zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.04.2005 kritisch hinterfragt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung diese Diskussion jedoch beendet und klargestellt, dass das Pflichtteilsrecht als Individualgrundrecht und als Rechtsinstitut dem verfassungsrechtlichen Schutz des Artikels 14 GG und des Artikels 6 GG unterliegt und Inhalt und Schranken nur durch das Gesetz bestimmt werden können. Von diesem Gesetzesvorbehalt hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform des Erb- und Pflichtteilsrechts Gebrauch gemacht, das mit Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft getreten ist. In diesem Gesetz wurden nicht nur die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen neu geregelt und erstmals Einschränkungen für die Pflichtteilsrelevanz von Schenkungen normiert. Auch die Gründe, die eine Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen (§ 2333 BGB), wurden neu gefasst.

§ 2333 Abs. 1 BGB n. F. lautet

„Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling

  1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,

  2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,

  3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder

  4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.“

§ 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB wurde eingeführt, weil für den Erblasser ein schweres sozialwidriges Fehlverhalten des Pflichtteilsberechtigten einen so schweren Verstoß gegen seine eigenen Wertvorstellungen darstellen kann, dass es für ihn schlechthin unzumutbar ist, einen Teil seines Vermögens als Pflichtteil dem Pflichtteilsberechtigten hinterlassen zu müssen, obwohl sich das Fehlverhalten nicht gegen den Erblasser selbst, seine Familie oder eine ihm ähnlich nahestehende Person richtet. Nach der Gesetzesbegründung kommt für ein derartiges Fehlverhalten insbesondere Mord oder schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in Betracht.

Systematik

a) Gründe für die Entziehung des Pflichtteils (§ 2333 BGB)

Der Gesetzgeber hat in § 2333 BGB für besondere, konkret aufgeführte Fallkonstellationen die Möglichkeit geschaffen, einem Abkömmling den Pflichtteil zu entziehen. Die Pflichtteilsentziehungsgründe greifen Pflichtverstöße auf, bei deren Vorliegen die Vermutung einer engen persönlichen Verbundenheit zwischen Erblasser und dem Familienmitglied entfällt. Der Gesetzgeber hat sich auf wenige schwerwiegende Sachverhalte beschränkt. Die Entziehungsgründe aus § 2333 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB stellen auf ein besonderes Näheverhältnis ab; die Gründe aus § 2333 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB enthalten einen familiären Bezug, indem sie auf die Unterhaltspflichten und die Wertvorstellungen des Erblassers abstellen.

b) Form der Pflichtteilsentziehung (§ 2336 BGB)

Die Entziehung des Pflichtteils kann nur durch letztwillige Verfügung erfolgen. Der Grund für die Entziehung muss sich aus der letztwilligen Verfügung ergeben und deshalb in ihr angegeben werden (§ 2336 Abs. 2 Satz 1 BGB). Für eine Entziehung wegen einer vorsätzlichen Straftat von mindestens einem Jahr ohne Bewährung (§ 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB) muss diese zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung bereits begangen sein und ein Grund für die Unzumutbarkeit des Pflichtteils vorliegen. Bei einer Pflichtteilsentziehung nach § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB ist deshalb nicht nur die Tat, deretwegen die Entziehung erfolgt, in der letztwilligen Verfügung mitzuteilen, sondern auch der Grund der Unzumutbarkeit darzulegen.

c) Recht zur Pflichtteilsentziehung nicht durch Verzeihung erloschen (§ 2337 BGB)

Die Verzeihung lässt die Befugnis des Erblassers zur Entziehung des Pflichtteils wegen in der Vergangenheit liegender Vorgänge für die Zukunft entfallen (§ 2337 Satz 1 BGB) und macht eine bereits angeordnete Pflichtteilsentziehung unwirksam (§ 2337 Satz 2 BGB). Darüber hinaus – allerdings nur ausnahmsweise, wenn sich ein diesbezüglicher Wille des Erblassers feststellen lässt – kann eine Verzeihung nach § 2337 Satz 2 BGB auch dazu führen, dass die in dem Testament angeordnete Enterbung unwirksam wird (§ 2085 BGB), oder den nach dem Testament Enterbten zur Anfechtung berechtigen.

Nach der Rechtsprechung liegt eine Verzeihung im Sinne des § 2337 BGB vor, wenn der Erblasser zum Ausdruck gebracht hat, dass er die durch das in Rede stehende Verhalten hervorgerufene Kränkung nicht mehr als solche empfindet und diese nicht mehr als „existent betrachtet“. Die Verzeihung ist weder Rechtsgeschäft noch Willenserklärung, sondern ein – unwiderruflicher – höchstpersönlicher Realakt des Erblassers. Es ist stets genau zu prüfen, ob die erforderliche Versöhnungsbereitschaft tatsächlich besteht. So stellt etwa eine bloße Gleichgültigkeit keine Verzeihung dar. Die Verzeihung darf auch nicht mit der Versöhnung verwechselt werden, die zwar zumeist, aber nicht notwendig mit der Verzeihung einhergeht. Die Wiederherstellung einer dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechenden innigen und liebevollen Beziehung ist nicht erforderlich. Andererseits genügt es nicht, dass der Erblasser des Familienfriedens wegen oder, um das Zusammenleben erträglicher zu gestalten, gelegentliche persönliche Kontakte duldet oder sogar sucht („Vergessen, aber nicht vergeben“).

Nach der Rechtsprechung kommt eine Verzeihung in folgenden Fallgruppen in Betracht:

  • Erbeinsetzung und Aussetzen von Vermächtnissen zugunsten des Abkömmlings nach der Pflichtteilsentziehung

  • Kreditaufnahme des Erblassers für einen Umbau des in seinem Eigentum stehenden Hauses, das ein Abkömmling bewohnte und nach dessen Vorstellungen das Objekt teilweise umgebaut werden sollte

  • Normalisierung des Familienlebens im Sinne eines Wiederauflebens der familiären Beziehungen durch gemeinsame Ausflugsfahrten, Besuche an Geburtstagen und Weihnachten, Mithilfe bei der Arbeit

  • Bemühungen des Erblassers, einen Sohn nach jahrelangen Spannungen an einer Familien-GmbH zu beteiligen

  • Briefverkehr des Erblassers mit dem Pflichtteilsberechtigten während dessen Haft, anschließende wechselseitige Krankenbesuche bei schwererer Erkrankungen und Äußerung des Erblassers, den Pflichtteilsberechtigten testamentarisch bedenken zu wollen

d) Wirkung der Pflichtteilsentziehung

Wenn die Pflichtteilsentziehung wirksam angeordnet wurde, erlöschen sämtliche Pflichtteilsrechte, die dem Abkömmling zustehen könnten, insbesondere auch der Pflichtteilsrestanspruch (§§ 2305, 2307 BGB), Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§ 2325, 2329 BGB) und die vorbereitenden Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche (§ 2314 BGB). Wenn der Pflichtteilsberechtigte, dem der Pflichtteil entzogen wurde, Abkömmlinge hinterlässt, sollten diese an seine Stelle treten (§ 2309 BGB).

Lösung

Der Sohn S hat gegen die Alleinerbin T keinen Anspruch auf den Pflichtteil von 1/4 Anteil aus § 2303 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 1922, 1924 Abs. 1 BGB. Die Erblasserin E hat ihrem Sohn S wirksam den Pflichtteil entzogen. Die strengen Voraussetzungen des § 2333 BGB und § 2336 BGB liegen vor. Das Recht zur Entziehung des Pflichtteils ist auch nicht durch Verzeihung erloschen.

a) Die Voraussetzungen des § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB liegen hier vor. Der Sohn S ist wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden. Zudem ist der Erblasserin die Teilhabe des S am Nachlass aufgrund der begangenen Straftaten (sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB) unzumutbar. Erforderlich ist bei dieser subjektiven Voraussetzung, dass die Straftat den persönlichen in der Familie gelebten Wertvorstellungen der Erblasserin in hohem Maße widerspricht. Bei besonders schweren Straftaten, welche mit erheblichen Freiheitsstrafen geahndet werden, liegt dies in der Regel nahe.

b) Die Erblasserin hat auch die Formanforderungen des § 2336 BGB gewahrt. Sie hat ihrem Sohn S den Pflichtteil durch letztwillige Verfügung entzogen (§ 2336 Abs. 1 BGB). Die Straftaten hatte S zum Zeitpunkt der Errichtung bereits begangen. Sowohl dieser Umstand als auch der Grund für die Unzumutbarkeit als Kernsachverhalt wurden in der Verfügung angegeben (§ 2336 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Praxistipp

Auch um ein späteres Nachschieben von Gründen für eine Pflichtteilsentziehung zu vermeiden, verlangt § 2336 BGB, dass die Gründe für die Entziehung in der letztwilligen Verfügung angegeben werden. In der Praxis scheitert eine Pflichtteilsentziehung nicht selten an den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten allzu strengen formalen Vorgaben. Ohne eine entsprechende Beratung sind diese von juristischen Laien regelmäßig nicht zu erfüllen. Der Pflichtteilsentziehungsgrund muss zwar nicht in allen Einzelheiten angegeben werden, erforderlich ist jedoch, dass der Erblasser hinreichend konkret – „fassbar und unverwechselbar“ – die Tatsachengrundlage als Grund für die Pflichtteilsentziehung festlegt. In jedem Fall muss der „Kernsachverhalt“ der Pflichtteilsentziehung angegeben werden, das heißt eine substantiierte Bezeichnung, die es erlaubt, durch Auslegung festzustellen, weshalb konkret der Pflichtteil entzogen worden ist und auf welchen Lebenssachverhalt sich der Erblasser bezieht. Eine wirksame Pflichtteilsentziehung wurde mangels hinreichender Konkretisierung der Gründe zum Beispiel bei folgenden Formulierungen abgelehnt:

  • „Unsere Tochter enterben wir aus folgendem Grund: Wegen schwerer Kränkung und böswilliger Verleumdung“ (BVerfG, ZEV 2005, 388)

  • „Da sie mich mehrmals geschlagen hat und mit Totschlag bedroht hat, enterbe ich meine Tochter.“ (OLG Frankfurt, BeckRS 2005, 388)

c) Das Recht zur Entziehung des Pflichtteils ist nicht durch Verzeihung (§ 2337 BGB) erloschen. Dem darlegungs- und beweisbelasteten S wird nicht der Nachweis gelingen, dass die Erblasserin den Entschluss gefasst hat, aus den Straftaten nichts mehr herleiten zu wollen und dies auch zum Ausdruck gebracht hat. Allein der Umstand, dass S zu Geburtstagsfeiern erschienen ist, reicht nicht aus, zumal durch die Aussage der T in einem Rechtsstreit widerlegt werden könnte, dass die E darin eine Normalisierung des Familienlebens im Sinne eines Wiederauflebens familiärer Beziehungen sah. Die Aussage der E, dass S nach ihrem Tod „keinen Cent“ erhalten werde, kann nur so aufgefasst werden, dass E dem S nicht verziehen hatte, sondern an der Pflichtteilsentziehung festhalten wollte.

Praxistipp

Die außerordentlich geringen Anforderungen der Rechtsprechung an die Verzeihung stehen in einem deutlichen Widerspruch zu den unangemessen hohen Hürden, die für die wirksame Entziehung des Pflichtteils errichtet werden. Sie führen zu unerwünschten Nebenfolgen. Wird die Hürde für eine schlüssige Verzeihung abgesenkt, zwingt man den Erblasser, der sich verletzt fühlt, zu einer dauerhaften Abwendung vom Berechtigten. Es ist daher unverzichtbar, nur ein solches Verhalten als Verzeihung zu werten, welches auch eine gewisse Versöhnungsbereitschaft zeigt. Sollte der Testierende wieder in persönlichem Kontakt zu dem Abkömmling stehen oder Ähnliches, aber an seiner Pflichtteilsentziehung festhalten wollen, bietet es sich an, dass der Testierende aus Beweisgründen im Rahmen einer Ergänzung zu einer letztwilligen Verfügung erklärt, dass dem persönlichen Kontakt keine Verzeihung zugrunde liegt, die Pflichtteilsentziehung also aufrechterhalten bleibt. Diese Erklärung kann der Testierende auch gegenüber Dritten als potentiellen Zeugen – so wie im Praxisfall gegenüber T – mündlich wiederholen. Auf diese Weise kann der Testierende das Risiko reduzieren, dass sein letzter Wille nicht durch eine vermeintliche Verzeihung umgangen wird. Auf der anderen Seite sollte der Testierende unter Widerruf seiner ursprünglich angeordneten Pflichtteilsentziehung ein neues Testament errichten, wenn er dem Abkömmling tatsächlich verziehen hat.

Fazit

Das Pflichtteilsrecht steht grundrechtlich auf derselben Stufe wie die Testierfreiheit und fällt unter den Schutz von Artikel 14 GG. Die Pflichtteilsentziehungsgründe des § 2333 BGB setzen dem grundsätzlich zwingenden Pflichtteilsrecht jedoch Grenzen. Bei typisierenden Pflichtverstößen entfällt die Vermutung einer engen persönlichen Verbundenheit zwischen dem Erblasser und dem Familienmitglied. Es handelt sich ausschließlich um schwerwiegende Sachverhalte. Auch die Formvorschriften sind streng. So kann die Entziehung des Pflichtteils nur durch letztwillige Verfügung erfolgen und ist von dem Erblasser zu begründen. Schlagworte reichen nicht. Der Kernsachverhalt für die Pflichtteilsentziehung muss sich im Testament wiederfinden. Schließlich ist noch eine Verzeihung durch den Erblasser möglich, wenn dieser zum Ausdruck gebracht hat, dass die erfahrene Kränkung, die er im Testament beschrieben hat, für ihn nicht mehr existent ist.

Autoren

Dr. Thomas Leuer und Dr. W.-P. Haarmann sind Fachanwälte für Erbrecht. Sie sind auf das streitige Erbrecht spezialisiert.

Dr. Peus · Dr. Leuer · Dr. Haarmann
Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB · Notar